– Karina Yael
Dieser Text soll an das Gefühl erinnern,
was entstanden ist,
was wir kreiert haben und
was nach dem Workshop bleibt.
Verständnis und Fürsorge und der Raum für Halt und zum Durchatmen:
auf, zwischen und während unserer eigenen ewigen Suche.
Wenn man die Augen zukneift und nur ganz leicht blinzelt
sieht es aus wie Zuhause
hast du zu mir gesagt
und so sitzen wir und spiegeln uns im Sommerregen
wir spiegeln uns,
und schweigen uns an
denn dort, wo der Bordstein nicht in der Ferne liegt”
schweigt man auch, jahrzehntelang
Wir teilen den gleichen rissigen Asphalt
du siehst darin flimmernde Wärme und Sand und Meer,
ich rieche Tee und бублики1 und Birkenwald
aus dem 9. Stock ruft die Vergangenheit nach mir
Wir lassen das Hier für sich sprechen
und hören dem Regen schweigend zu
Vergang’nes wird lauter je mehr man sich sehnt,
ich glaub, ich spüre die gleiche Sehnsucht wie du
Ich finde Trost in deinem Verständnis,
finde Trost in allem, was du in mir liest,
Trost in dem Stück meiner Herkunft
– mein Name klingt so vertraut bei dir –,
weil du mich als Ganzes siehst.
Du sagst, dass der Geruch erinnert
und lässt den Sommerregen Zukunft sein,
wir legen den Kopf in unseren Nacken
und spüren in die geteilte Zerrissenheit hinein.
1 Bubliki: süßes ukrainisches Kringelgebäck
Yael studiert in Leipzig Germanistik und Ostslawistik, ist immer draußen, wenn die Sonne scheint, dem ukrainischen Aberglauben verfallen und leidenschaftliche Tagebuchschreiberin. Sie schreibt über Identität, übers Ankommen und Verlorensein und sich immer wieder neu er- und wiederfinden.