Der Design&Photography Workshop von Don’t Wait lud Ende Mai 2015 dreizehn Studierende aus Deutschland und dem Iran nach Istanbul ein. Dort konnten sie über zehn Tage einen Einblick in die Stadt und ihre Vielfalt bekommen und zu eigenen Projekten inspiriert werden.
Diese Woche stellen wir die Projektarbeiten von Amir Daryani Saeid und Zagra Shirazi, Julia Angela Howe und Sandra Warth vor. Alle wurden auf sehr unterschiedliche Weise durch Istanbul und ihre Menschen, Realitäten, Farben und Muster beeinflusst und inspiriert. Hier möchten wir euch kleine Ausschnitte aus den Arbeiten zeigen.
Amir Daryani Saeid und Zahra Shirazi
Amir Daryani Saeid und Zahra Shirazi aus Tehran gründeten 2012 die Aleph Corporation, ein Studio für Fotografie und Grafikdesign. Sie wollen außerhalb der geschaffenen Regeln arbeiten und damit die Atmosphäre von Fotographie und Grafikdesign in ihrem Land beeinflussen und verändern. „Du musst die Regeln kennen, um sie aufbrechen zu können“, sagt Amir. Da die beiden erst auf dem zweiten Bildungsweg zu Fotografie und Design gefunden haben, besuchen sie den Workshop in Istanbul in erster Linie um ihr Fachwissen in allen drei angebotenen Bereichen zu erweitern. In den zehn Workshop-Tagen ist es ihnen gelungen, Projekte in allen Bereichen zu realisieren.
Amir und Zahra kamen schon vor dem Workshop nach Istanbul um die Stadt kennen zu lernen. Die positive Energie hat ihre Projekte signifikant beeinflusst: die visuellen Eindrücke spiegeln sich in Grafikdesign, Modefotografie und Art Design wider. Unter anderem haben sie beim Fashionshooting in Balat teilgenommen. In ihrer Modefotografie versuchen sie den Moment zu finden, in welchem das Model authentisch und natürlich ist. Das professionelle Umfeld beim Shooting haben sie dabei besonders genossen und als sehr lehrreich empfunden.
Julia Angela Howe
Die Londonerin Julia Howe studiert Dokumentarfotografie und versucht mit ihrem dokumentarisch abstrakten Stil ihre persönlichen Eindrücke fotografisch festzuhalten. Das Verschmelzen von muslimischer und westlicher Kultur in Istanbul hat ihr Projekt maßgeblich beeinflusst. Insbesondere beschäftigte sie sich mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft. „Wie kann man seine Identität ausdrücken, wenn man sich auf diese Art verschleiert der Welt präsentiert?“, lautet die Frage, die Julia hinter ihre Arbeit in Istanbul stellt.
Die Fotos zeigen eine erste Annäherung, den Versuch eines Zugangs zu verschleierten Frauen. Die meisten Bilder wurden in Fatih und bei Moscheen in Kadiköy aufgenommen. Ohne die Ausgangssituation zu manipulieren lässt sich Julia auf die Umgebung ein und hält sie mit Schnappschüssen fest. Durch die ungefilterten, unbearbeiteten Bilder will sie die Kontrolle loslassen und das Unterbewusste ansprechen. Dadurch, so sagt sie, werden die Bilder ehrlich und real.
Julia versuchte auch Menschen auf der Straße zur Rolle der Frau in der Gesellschaft anzusprechen. Das Fehlen einer gemeinsamen Sprache sowie die Kamera im Gepäck lösten allerdings teilweise Misstrauen und Unverständnis aus. Um die gesellschaftlichen Hintergründe zu verstehen und die Bilder im kulturellen Kontext deuten zu können braucht es natürlich viel Zeit – die Bilder und Gespräche sind als ein erster Schritt dazu zu verstehen.
Sandra Warth
Sandra Warth studiert Kommunikationsdesign in Hamburg. Das Ziel ihrer Arbeit ist, Dinge in einem anderen Licht zu sehen. Für Sandra ist der Künstler ein Beobachter, der die Umgebung interpretiert. Design ist somit eine Kommunikationsform, die es erlaubt, ein System auf eine persönliche Art und Weise darzustellen. Dabei konzentriert sie sich auf Details, Farben und die Ordnung im Chaos.
Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der kreativen Transformation von ökonomischen und technischen Prozessen. Sandra versucht Muster zu erkennen, zergliedert das Gesamte in seine Einzelteile, und setzt diese neu zusammen. Symmetrie und Details spielen dabei eine zentrale Rolle. „Im Endeffekt kam diese graphische Umsetzung. Ich versuchte Istanbul, so wie ich es sehe, in eine Ordnung reinzubringen, ein System“, sagt Sandra.
So setzt sie beispielsweise die in Istanbul entdeckten Muster in einer Modellvariante grafisch um und drängt dabei den eigentlichen Ursprung dessen in den Hintergrund. Die entstandenen Designs, diese „Splitter Istanbuls“, werden in Zusammenarbeit mit dem Lemur Store in Kadiköy gedruckt und sind auch dort erhältlich.
Die Arbeiten der Teilnehmer des Workshops zeigen, welchen Einfluss Istanbul auf ihre Besucher ausübt und wie diese Eindrücke verarbeitet werden können. Anhand verschiedener Mittel bilden die Projekte kleine Ausschnitte von dem unüberschaubar großen und chaotischen Ganzen ab. Aber wie bei jedem Puzzle fügen sich irgendwann die Einzelteile zu einem Gesamtbild – wenn man sich nur lange genug damit beschäftigt.
Mehr über den Workshop von Don’t Wait findet ihr in dem Artikel “Workshop von Don’t Wait in Kooperation mit MAVIBLAU“. Weitere Interviews mit den Studierenden findet ihr hier.
Text: Elisabeth Nindl