– Elona Beqiraj
an den mauern
stehen keine namen mehr
wir müssen keine wände mehr zieren
und können im gras liegen
ohne zu kämpfen
und die straßen dürfen
straßen sein
ohne zu schreien
ich sehe keine tiefen augenlider
nur augen,
die gesichter wärmen
die sagen
es lohnt sich zu leben
hier lohnt es sich zu leben
und du greifst meine hand
und nichts tut mehr weh
ich habe keine fragen
und suche nicht.
wir lassen uns finden
und treffen uns an diesem ort
weil es reicht
dass wir hier sind
weil es nicht wichtig ist
wohin wir gehen
oder woher wir kommen
und ich weiß nicht
und bin froh
dass ich nicht wissen muss
weil es reicht, dass ich hier bin
weil es nicht wichtig ist
wohin ich gehe
weil es nicht wichtig ist
weil keiner fragt
woher ich komme
weil ich hier bin
und das reicht
und keiner fragt
und jeder erzählt
was erzählt werden will
schreibt,
was geschrieben werden will
weil es nicht wichtig ist
weil es egal ist
weil es keine rolle spielt
weil es reicht
dass wir hier sind.
weil keiner mehr sucht
und nur noch gefunden wird
weil wir finden
und finden
und finden
und keiner mehr sucht
weil es reicht
dass wir hier sind.
und die wässer glänzen
und keiner fragt mehr
wohin es wohl fließt
was es mit sich trägt
wieso es nicht bleibt
weil es egal ist
weil es nicht wichtig ist
weil es reicht
dass es hier ist
und keiner mehr fragt.
Elona Beqiraj lebt und arbeitet in Berlin. Sie gibt Workshops zu rechter Gewalt an Schulen und Vereine und hat im Maxim Gorki Theater das Kunstprojekt „Weil wir nicht vergessen“ geleitet, das sich einer würdevolleren Erinnerungskultur bezüglich rechter Gewalt in Deutschland widmet. In ihrem Gedichtband „und wir kamen jeden sommer“, der 2019 im Resonar Verlag erschienen ist, beschäftigt sie sich der Frage nach Zu- und Unzugehörigkeit in Deutschland.