Ich treffe Tuğçe Özbıyık auf einen Çay bei Noqta, einem 2022 gegründeten Tattoo Studio von Filiz und Çağdaş, die besonders Wert darauf legen, den Raum und die Tattoo-Liegen Künstler*innen zur Verfügung zu stellen, die aufgrund ihrer Herkunft oder eingeschränkten Möglichkeiten ihre Kunst normalerweise nicht so einfach außerhalb ihres eigenen Landes ausüben können. So wurde das von sanften House Beats und Tattoonadeln vibrierende Studio vor allem auch zum Community-Ort für Tattoo-Künstler*innen aus der Türkei.
Tuğçe begann mit Tattowieren, nachdem sie ihr Studium an der Mimar Sinan Universität für Hohe Künste in Istanbul abgeschlossen und mehrere Jahre als Innenausstatterin gearbeitet hat. Zwischen den beiden Berufen sieht Tuğçe definitiv Parallelen: “Zwischen Interior Design und dem Tätowieren gibt es auf jeden Fall eine Verbindung. Bei beiden Professionen ist es wichtig, auf die Bedürfnisse und Wünschen der Kund*innen einzugehen. Einen persönlichen Raum zu gestalten ist ein ähnlicher Prozess wie das Verwandeln ihrer Ideen in Illustrationen und Tattoos. Die Grundlage ist das Eintauchen in die Welt der jeweiligen Person und das Interpretieren ihrer Ideen.”
Ihre bunten Tattoos erinnern an Buntstift-Zeichnungen – sie sind abstrahiert und dennoch detailliert. Inspiration findet Tuğçe in der Natur und in den Farben im Alltag: “Die bunten Farben machen Tattoos spielerischer,” sagt sie. Bunte Farben sind ihr lieber als die sonst typische schwarze Tinte, weil sie ein konstanter Begleiter in unserem täglichen Leben sind: “Farben sind immer überall in unserem Alltag, zuhause, auf der Arbeit, in unseren Kleidern, in der Natur, in unserer Umgebung.” Sie haben eine starke Wirkung und einen großen Einfluss auf Design und Ästhetik.” Weil sie Farben in ihren Tattoos benutzt, sind 90 Prozent ihrer Kund*innen weiblich, sagt sie und lacht.
Text und Fotos: Marie Konrad