Was verbindet die beiden Städte Istanbul und Iserlohn? Bis auf den Anfangsbuchstaben erst einmal nicht viel: Auf der einen Seite die türkische Metropole am Bosporus, auf der anderen die kleine deutsche Stadt in Nordrhein-Westfalen. Doch seit zwei Jahren sind Istanbul und Iserlohn durch einen gegenseitigen Schüleraustausch vernetzt. Und letzte Woche war es wieder so weit: 15 Schüler*innen der türkischen AKA-Privatschule waren zu Gast bei Schüler*innen der Gesamtschule Iserlohn.
“Die Schüler haben sich ab Tag eins super verstanden”, erzählt Lütfi Salman, der den Austausch auf Iserlohner Seite koordiniert. Eigentlich hätten sich die Schüler*innen schon im September in Istanbul treffen sollen. Wegen der “extrem angespannten Situation” mussten die Iserlohner kurzfristig die Flüge stornieren. Umso größer war nun die Freude, sich endlich zu treffen. “Es wurden bereits private Besuche geplant, die Familien haben sich per Video-Chat kennengelernt”, sagt der Geschichts- und Englischlehrer Salman. Bereits im Mai wollen die ersten deutschen Schüler*innen ihre neuen Freunde am Bosporus besuchen.
Für sechs Tage beschäftigten sich die Iserlohner Schüler*innen der Klassenstufen neun bis zwölf und die türkischen Oberstufenschüler*innen mit dem Thema “Wasser als lebensnotwendige Ressource”. Vormittags lernten sie zum Beispiel, welche Bedeutung Wasser überhaupt hat – nachmittags besuchten sie die Stadtwerke Iserlohn, um zu sehen, wie praktisch Wasser gewonnen wird.
Außerdem besuchte die Gruppe den Kölner Dom, das Schokoladenmuseum und die mittelalterliche Burg Altena. Höhepunkt der Woche war aber ein anderer: Beim jährlichen Schulkonzert traten die türkischen Schüler*innen mit zwei Beiträgen auf: Sie zeigten einen türkischen Folklore-Tanz von der Schwarzmeerküste und sangen ein Musikstück aus dem Südosten der Türkei, begleitet von der Bağlama. “Wir wollen den Schülern so zeigen, wie bereichernd kultureller Austausch sein kann”, sagt Salman.
Die Planungen für den nächsten Austausch, der von der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke unterstützt wird, laufen bereits. Dann sollen die deutschen Jugendlichen auch wieder nach Istanbul fliegen, denn gerade in der politisch angespannten Situation zwischen Deutschland und der Türkei ist verbindende Jugendarbeit von elementarer Bedeutung.
Wie großartig grenzenüberschreitende Kulturarbeit sein kann, wissen nun zumindest 35 Jugendliche aus Istanbul und Iserlohn. Und deren Eltern: Salman erzählt, dass eine Mutter am Ende der Woche zu ihm kam und sagte, sie habe am Abend zuvor die Nachrichten im Fernsehen geguckt. “Da ging es nur um die politischen Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei, hin und her”, meinte die Mutter, “dann habe ich im Garten den türkischen Austauschschüler mit meinem Sohn spielen gesehen und gedacht: Sollen die sich doch den Kopf zerbrechen. Ich sehe hier einen wunderbaren türkischen Jungen, der sich mit meinem Sohn anfreundet. Also habe ich den Fernseher ausgemacht und bin zu den Jungs in den Garten gegangen.”
Text: Laurenz Schreiner
Fotos: Lütfi Salman