Der Ursprung war der Artikel “Deutschland, du hast Post“. Damals schrieben Leute aus unserem MAVIBLAU-Team auf, welche Momente, Begegnungen und Geschichten die Türkei für sie ausmacht. Die Verbreitung dieses Artikels und die Einladung zum Türkiye Reloaded Festival, die daraus entstand, veranlasste uns, herumzufragen. Wir wollten unter den Hashtags #meinetürkei und #benimtürkiyem wissen, was die Türkei für euch ausmacht. Hier haben wir einige der Antworten zusammengestellt. Vielen Dank dafür, dass ihr eure Türkei mit uns geteilt habt!
Sonntagmorgen im Drogeriemarkt. Kater bettet sich auf Wattepads. #meinetürkei #benimtürkiyem
Wie jeden morgen möchte ich mir einen taze portakal suyu am Stand an der Straßenecke auf dem Weg zur Arbeit kaufen, doch in letzter Minute merke ich, dass ich nicht genug Bargeld dabei habe. Ich will schon resigniert gehen, da drückt mir die Verkäuferin einen großen Plastikbecher mit dem leckeren Saft in die Hand und sagt: Du kannst mir das Geld im Laufe der Woche mal vorbeibringen 🙂 Ein solches Vertrauen und warmes Miteinander ist #benimtürkiyem
Meine Mitbewohnerin und ich besuchen einen Börekci in Üsküdar zum ersten Mal, die Stimmung ist herzlich, Nerdesininz, Napiyorsunuz, böyle. Eine Woche später (!) gehe ich wieder zum Börekci, diesmal alleine. Er wundert sich sofort und fragt nach, wo meine Freundin ist und ob es ihr nicht gut geht. Als ich sage, dass sie tatsächlich krank ist, rennt er aus dem Laden, lässt mich mit allem dort alleine stehen – Kasse, Ware, alles. Rennt durch die Straßen und kommt nach 5 Minuten wieder, mit einer ganzen Tüte voller Heilkräuter und beschreibt mir in einer Fürsorge, die seinesgleichen sucht, wie welche Kräuter einzunehmen sind und wann und überhaupt. Zum Abschied gibt es nicht nur die Kräuter, sondern auch all meine bestellten Sachen kostenlos, “damit es deiner Freundin bald besser geht!“
hach!
Auf dem Rückweg vom LGBTI Pride March 2015 – Wasserwerfer und Tränengas auf der Istiklal. Dann weiterhin tanzende Menschen auf der Fähre nach Kadiköy und dazu Fanfaren vom Kapitän. #meinetürkei #benimtürkiyem
Der wichtigste, erholsamste, wehmütigste, friedlichste und sicherste Ort in İstanbul ist für mich der Bosporus, und zwar gesehen von den alten Bosporusfähren, dem Vapur. Sobald ich Fuß auf eines der alten Schiffe setze fällt der Stress der Stadt und des Alltags von mir ab und für 20 Minuten gibt es nichts als das Wasser um mich herum, die Möven, der distanzierte Blick auf die historische und die sich verändernde moderne Skyline von İstanbul, vielleicht ein Glas Çay, vielleicht ein gutes Buch – und das Vibrieren des alten Vapurs unter mir. Am besten wird die wehmütige Atmosphäre unterstrichen durch melancholische türkische Lieder, die besonders auf der Strecke zwischen Kadıköy und Beşiktaş oft durch Musiker zum Besten gegeben werden. Auf dem Vapur steht die Zeit still, man kann nicht schneller sein als das Schiff fährt, man kann nicht zurück bevor man das andere Ufer erreicht hat, und für kurze Zeit geht einen nichts an von dem, was auf dem Land los ist.#meinetürkei
Dinge, an die ich mich in der Türkei nie gewöhnen werde:
Vom Tabakhändler mit “güzel kardeşim” (mein schöner Bruder) begrüßt zu werden.
#meinetürkei #benimtürkiyem
Der neue Liebling arabischer Touristen #meinetürkei
Schneebären im Gezi Parki #meinetürkei #benimtürkiyem
Wieder einmal Stromausfall in Sisli… dieses Mal scheint es ernster zu sein, die Straße vor dem Haus wird aufgerissen. Im aufgebaggerten Straßenloch: zwei Männer, die ein Rohr, Kabel oder etwas Ähnliches suchen. Daneben: 10 Männer, die gerade frischen Cay serviert bekommen und im Geiste mit auf Ursachensuche gehen #meinetürkei #benimtürkiyem
Ich sitze in einem Büfe, trinke Cay und lerne türkisch. Als die Garsons sehen, dass ich ihre Sprache lerne, stehen sie mir nicht nur zur Korrektur bereit, sondern breiten mir diesen Salt zu, einfach so, “zur Unterstützung”, weil ein leerer Magen nicht so gut lernt, sagten sie.
Ein wichtiger Bestandteil der Türkei sind für mich die Straßenhunde und –Katzen, die allerorts das Straßenbild bestimmen. In İstanbul bestimmen hauptsächlich große Straßenhunde das Stadtbild. Hier haben die Hunde gelernt, nicht bei rot über die Straße zu gehen und so warten sie geduldig in den Menschenmassen (oft sogar geduldiger als die Zweibeiner), bis die Ampel grün wird, um die Straße zu überqueren. Es ist eine große Freude zu sehen, wie glücklich die Straßenhunde sind, wenn jemand sie streichelt und sich mit ihnen befasst und wie entspannt sie sich – ganz im Gegenteil zu vielen Deutschen Haushunden – in den großen Menschenmassen zurechtfinden. #benimtürkiyem #meinetürkei
Nach einer Reihe von Anschlägen habe ich trotz des schlechten Gewissens wieder mal Lust auf ein Konzert zu gehen. Die Band befindet sich auf der Bühne und hält eine kurze Rede. “Yalnız değiliz” (=wir sind nicht alleine) meint der Sänger und legt los. Wir wissen alle, was er damit gemeint hat und sind froh, dieselbe Sprache zu sprechen. Die Namen der von uns gegangenen Menschen werden genannt. Das schlechte Gewissen verschwindet, denn es wird nicht gefeiert, sondern getrauert. Es geht uns allen gleich. Wir wissen und fühlen zugleich: Wir sind nicht alleine! #meinetürkei #benimtürkiyem
Ich stehe mit deutscher Pünktlichkeit um kurz vor 9 vor dem Yabanci-Büro für meine Aufenthaltsgenehmigung. Keiner da. 10 nach 9: keiner da. 20 nach 9: keiner da. Ich werde unruhig. Halb 10: Ein entspannter Mitarbeiter kommt mir entgegen: Oh, schon da? Ja, ich bin doch deutsch sage ich (Tabii, Almanim! Unutma), und lache, bin aber trotzdem verwundert, mit welcher Lässigkeit er mit der Verspätung umgeht. Dann setzten wir uns ins Büro, er guckt mich an: Erstmal ‘nen Cay! Möchten Sie? Och, klar! Anstatt sich einen vor Ort zu machen, geht er dafür aus dem Büro, aus dem Gebäude, zum Laden nebenan, und kommt nach über 5 Minuten wieder.
Ich frag mich, ob er das ernst meint. Er erledigt meinen Antrag in maximal 5 Minuten, lehnt sich zurück im Stuhl und sagt: So, das reicht erstmal. Cigara icer misininz? Und nimmt sich seine Raucherpause. Eine Sache die ich mitgenommen habe, ist Lässigkeit in solchen Terminen.
Frühstück bei Yemek Sepeti bestellen #meinetürkei #benimtürkiyem
Markttreiben. Nichts leert den Geldbeutel schneller als der Gang über die türkischen Bazare – und damit sind keinesfalls der Kapalı Çarşı oder der Mısır Çarşısı gemeint. Auf den Wochen(end)märkten in Istanbul und Co. können selbst Obst und Gemüse zum Kaufrausch verleiten. Alles ist appettitlich drapiert, wird lauthals angepriesen und es darf – nein, es soll probiert werden. Egal, was gebraucht wird und wie grau der Tag auch erscheint: Einen Nachmittag Markttreiben und viele Taschen voller Gemüse und Käse, bunten Gewürzen, dicken Pullis, glitzernden Socken und noch mehr Schnickschnack später, lassen einen einfach mit einem wohligem Gefühl (im Bauch) nach Hause gehen …da wird ein erleichterter Geldbeutel doch gerne in Kauf genommen #benimtürkiyem #meinetürkei
Sinnlose Kombination von Chaos und Leidenschaft #meinetürkei
“Ist das voll hier. Die stehen echt alle im Weg rum. Und warum gehen die so langsam, die schauen nicht mal ob einer vorbei will. Nein, ich will nichts kaufen.” -stolpern, anschließend in eine Wasserpfütze treten, so dass es am Kleid hochspritzt- “Istanbuls Straßen, das geht echt gar nicht. Das ist doch echt…ahhhh…der Bosporus! Wie wunderschön du bist!” #meinetürkei #benimtürkiyem
Jedes Mal schon am Flughafen zu wissen, warum man wieder da ist. Letztes Mal, Abends, Sabiha Gökcen. Sitze im Havatasbus, nebenan steht ein anderer Bus und davor ein kleiner, etwas untersetzter Typ, so um die dreißig. Er wartet auf irgendwas, fühlt sich unbeobachtet, gibt sich aber sichtlich große Mühe mit seiner Körpersprache zu vermitteln, dass das hinter ihm sein Bus ist und er der Müdür ist. Er ist ganz mit sich beschäftigt und merkt gar nicht, wie sein Kollege sich von hinten anschleicht, ihm einen Klaps auf den Hinterkopf versetzt und lachend wegrennt. Die Sekunden, in denen der Mann erst ganz durcheinander ist, dann lachend mit Rache droht und dann wieder in seine ernsthafte Rolle findet – das ist #benimtürkiyem.
#benimtürkiyem
Das mit der türkischen Aufenthaltsgenehmigung kann eine ganze Weile dauern. Wenn man trotzdem ein- und ausreisen will, dann kostet das schon mal ein paar hitzige Diskussionen oder ein mitleidserregendes Lächeln. Manchmal versucht der Beamte trotzdem weiter ganz streng zu schauen und droht mit einer drei Monatssperre. Er sagt er hat leider keine Wahl mehr. Als ich dann meinen “Strafzettel” entgegen nehme, schaue ich auf meine Nationalität: Afghanistan… #meinetürkei#benimtürkiyem
#meinetürkei #benimtürkiyem
Taxifahrt in Ankara zum Flughafen. Ich nehme der Geschichte vorweg, dass es auf der Veranstalltung wo ich vorher war keinen Menschen gab, der Ansatzweise, an diesen Taxifahrer heran kam. Zunächst hatte ich Sorge, dass er gleich rechts ran fahren müsste. Für sein Gewicht und sein Alter war der Koffer, den er in freundlich lächelnd ins Auto buxierte, einfach zu schwer. Nach einigen Minuten Schlapathmung begann dann aber unser Gespräch. Zunächst der Fragenkatalog, der bei den meisten Gesprächen an erster Stelle kommt. Wo kommst du her? Hast du Kinder? Bist du mit deiner Begleitung verheiratet? Warum nicht? Und wo befindet sich deine Familie? Fragen die man in Deutschland nicht zu Begrüßung direkt stellt. Da heißt es zunächst vielleicht: Was machst du beruflich? Wo wohnst du? Aber diese für einen Ostwestfalen im Grunde allzu perönlichen Fragen, habe ich sofort persönlich/herzlich aufgenommen. Nach dem ich also von seinem Leben, auch von seinen Töchtern, die studieren gegangen sind, erfuhr, bot er mir Zigaretten an und den Rest der Fahrt genossen wir im weiteren Gepräch, quarzender Weise. Bevor wir uns am Flughafen mit Küsschen rechts und Küsschen links verabschiedeten, bekündigten wir beide noch wie liebenswert wir uns finden.” Hätte ich gekonnt, ich hätte den alten Mann im Koffer mitgenommen. Es war auf jeden Fall eine der Zigaretten, die das Leben um einen sehr schönen Moment verlängern. #meinetürkei #benimtürkiyem
du in istanbul. #meinetürkei #benimtürkiyem
https://istanbulinnen.wordpress.com/…/09/du-in-istanbul/
Selbst mit dem schlimmsten Gestümper auf türkisch löst man oft überbordende Begeisterung aus #meinetürkei #benimtürkiyem
#benimtürkiyem ist, wenn das absperrband für die baustelle an der radkappe des davor geparkten autos festgebunden wird.
Eine Szene die sich ständig wiederholt: Ich frag nach dem Weg, die Person die ich gefragt habe scheint sich sicher zu sein. Plötzlich mischt sich jemand drittes ein: “Nein Abla, sie müssen nach links, nicht nach rechts!”. Nach dem gefühlte 10 Personen hitzig über den Weg diskutieren, wird die Entscheidung getroffen mich einfach zum Ziel zu begleiten. #meinetürkei #benimtürkiyem
Mitbrinsel aus der Zeit in Istanbul: Bestimmt 3 Strafzettel für “bei Rot über die Straße gehen”, die Macht der Gewohnheit!
Wovon ich in der Türkei nicht genug bekommen kann:
Zielloses Umherstreifen, mit offenen Augen und der Kamera in der Hand, durch immer andere Gassen und Stadtviertel…
…und den Börek meiner zukünftigen Schwiegermutter.
#meinetürkei #benimtürkiyem