Im Herbst 2016 ist Istanbul wieder einmal im Kino zu sehen: Tom Hanks jagt in der neuen Dan-Brown-Verfilmung „Inferno“ einen Verbrecher von Florenz bis nach Istanbul. Damit ist er nicht der erste bekannte Schauspieler am Bosporus: In den letzten Jahren ist Istanbul immer stärker in den Fokus Hollywoods gerückt, viele Regisseure wählen die Stadt als Schauplatz ihrer Actionfilme. Wir zeigen euch die sieben besten aktuellen Filme mit Istanbul in der Hauptrolle.
1. The International (2009)
Es dauert in Tom Tykwers „The International“ eine Weile, bis man Istanbul endlich sieht. Clive Owen als Interpol-Agent und Naomi Watts als New Yorker Staatsanwältin versuchen, die kriminellen Machenschaften einer weltweit agierenden Bank aufzudecken. Nach Stationen in Berlin, Mailand und New York spielt erst das Finale in Istanbul. Dort will der Bankchef einen Waffendeal mit einem türkischen Unternehmer abwickeln. Owen folgt den beiden zur Süleymaniye Moschee, die hier erstmals im Fokus eines internationalen Spielfilms steht. Nach einiger Zeit auf dem Friedhof und im Innenhof der Moschee nehmen die Protagonisten eine Treppe nach unten und stehen auf einmal in der Yerebatan-Zisterne. So klein kann Istanbul sein. Die abschließende Verfolgungsjagd startet auf dem Sahaflar Çarşısı (Bücherbasar) neben dem Grand Bazaar, der große Showdown spielt dann auf den Dächern des Basars. Im Hintergrund singt der Muezzin. Die Aufnahmen in der untergehenden Sonne Istanbuls sind großartig – daher lohnt sich auch das lange Warten auf die finale Szene. Tykwer verliebte sich während des Drehs in die Stadt: „I’m totally in love with the place. You could shoot an entire movie, several entire movies, there.“ So ist es.
2. Taken 2 (2012)
Es hätte ein schöner Urlaub in Istanbul werden können: In der Fortsetzung von „96 Hours“ arbeitet Liam Neeson, der Ex-CIA-Agent, als Leibwächter eines Scheichs in Istanbul. Nach dem Auftrag will er mit seiner Familie ein paar Tage die Stadt angucken und checkt im Legacy Ottoman Hotel in Sirkeci ein. Als Neeson und seine Frau das Hotel verlassen, werden sie aber von rachesüchtigen albanischen Menschenhändlern entführt, ihre Tochter muss die beiden retten. Highlights sind eine Verfolgungsjagd auf dem, wo auch sonst, Dach des Grand Bazaars und die finale Szene im Çemberlitaş Hamamı. Neeson war vom Hamam begeistert: “Das Ding ist 500 Jahre alt – ich meine 500 Jahre – und es funktioniert noch!“ Regisseur Olivier Megaton zeigt in „Taken 2“ ein düsteres und überfülltes Istanbul, verwendet extra Fahrzeuge aus den 70er Jahren. Weil außerdem nahezu alle Frauen im Film verschleiert sind, beschwerten sich viele türkische Zuschauer*innen bei der Produktionsfirma. Dennoch kann der Film Spaß machen, die Jagdszenen in den Gassen Eminönüs sind solide Actionunterhaltung und das Panorama des Bosporus weckt direkt Sehnsucht nach der Stadt.
3. Skyfall (2012)
James Bond könnte sich mittlerweile eine Wohnung am Bosporus mieten, so oft wie er nun schon da war. Nachdem der Agent bereits in der Yerebatan-Zisterne („Liebesgrüße aus Moskau“) und am Kız Kulesi („Die Welt ist nicht genug“) in Istanbul operiert hat, führt ihn auch “Skyfall” wieder in die türkische Metropole. Und das direkt zu Beginn des Films. Bei der überragenden, James-Bond-typischen Verfolgungsjagd über die Dächer des Grand Bazaars fährt Daniel Craig mit seinem Motorrad sogar die bekannten Stufen zum Valide Büyük Han hinauf. Während des Drehs dieser Szene krachte damals ein Stuntman in ein Juwelengeschäft, mehrere Ziegel auf dem Dach des Basars gingen kaputt. Dies sind dann die Nachteile einer solchen Sequenz – der Vorteil ist höchste Unterhaltung mit Istanbul in der Hauptrolle.
4. Argo (2012)
In „Argo“ ist Istanbul gar nicht Istanbul, sondern Teheran. Aber weil das US-Außenministerium dem Regisseur Ben Affleck von einem Dreh im Iran abriet, wählte dieser Istanbul als Drehort. Affleck, der selbst die Hauptrolle spielt, erzählt die wahre Geschichte von sechs US-Amerikanern, die sich während der Revolution im Iran 1979 als kanadische Filmemacher ausgaben und so in letzter Sekunde aus dem Land reisen konnten. Im Film werden die Sultanahmet Moschee von außen und die Hagia Sophia von innen gezeigt. Weil Affleck unzufrieden mit dem Licht in der Hagia Sophia war, wurden extra für den Dreh die Glühbirnen ausgetauscht. Auch der Grand Bazaar musste verändert werden: Statt der türkischen Sprache ist im Film überall Farsi zu lesen. „Der Basar in Istanbul ist ein Labyrinth“, meinte Affleck danach. Man könne um eine Ecke herumgehen und sei komplett verloren. Jede und jeder, der schon einmal dort war, wird hier vermutlich zustimmen. Der Film wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit drei Oscars. Affleck ist hier ein spannendes Meisterwerk gelungen – mit Hilfe von Istanbul als Teheran.
5. Dame König As Spion (2011)
1973, Zeit des Kalten Krieges: Im britischen Geheimdienst gibt es einen Doppelagenten, der Informationen an die Russen weitergibt. Also wird ein Ex-Agent, hervorragend gespielt von Gary Oldman, aus dem Ruhestand reaktiviert, um den Verräter zu finden. Spione gibt es überall: In London, Budapest und Istanbul. Ein junger englischer Agent namens Ricki Tarr (Tom Hardy) soll hier mit einem türkischen Agenten einen russischen Agenten beschatten und „umdrehen“. Die beiden finden ihn in einer Kellerbar am Taksim, einem „Kellerloch, wo Seeleute und Touristen hingehen“. Tarr läuft zuvor kurz über die Istiklal Caddesi, auf der die Nostaljik Tramvay, die historische rote Straßenbahn, laut bimmelnd hinter ihm entlang fährt. Passt zur Szene, ist streng genommen aber ein Filmfehler: Die Tramlinie wurde 1966 geschlossen und erst 1990 wieder eröffnet. Spione, die 1973 in Istanbul verkehrten, mussten also sicher auf vieles aufpassen, aber keinesfalls darauf, von der roten Bimmelbahn angefahren zu werden. Wir verzeihen es Regisseur Tomas Alfredson. Denn auch wenn Istanbul hier nur eine Nebenrolle spielt, ist „Dame König As Spion“ ein sehenswerter Spionagefilm mit spannenden Wendungen und atmosphärisch gelungenen Aufnahmen aus der Metropole am Bosporus.
6. Das Versprechen eines Lebens (2014)
Im Istanbul von vor 100 Jahren spielt „Das Versprechen eines Lebens“. Russell Crowe führt Regie und spielt auch die Hauptrolle: und zwar einen australischen Farmer, der 1919, vier Jahre nach der Schlacht von Gallipoli, seine als verstorben gemeldeten Söhne in der Türkei sucht. Crowe kommt am Haydarpaşa-Bahnhof an und will direkt nach Gallipoli weiterreisen, muss aber erst einen Passierschein in Sultanahmet beantragen. Ein türkischer Junge führt Crowe durch das traditionelle Istanbul, fast alle Männer tragen Fes, die Frauen Kopftuch. Für Crowe ist Istanbul eine fremde Welt. Als der Muezzin ruft, fragt Crowe die Hotelangestellte „Was verkaufen die?“, auch das klassische türkische Frühstück mit Oliven, Tomaten und Käse tauscht er lieber gegen ein gekochtes Ei. Der Junge bringt Crowe später zur Sultanahmet Moschee. Es ist das erste Mal, dass in einem Spielfilm Szenen aus dem Innenraum der riesigen Moschee gezeigt werden. Die Sekunden, in denen Crowe staunend und sprachlos, fast mit Tränen in den Augen, den Blick über die blaue Decke schweifen lässt, sind das beste des Films. Denn „Das Versprechen eines Lebens“ strotzt vor Pathos über Liebe und Ehre, die Dialoge triefen vor Romantik. Die Szenen, in denen die Kulissen von Istanbul und später von Kayaköy (bei Fethiye) sichtbar sind, retten glücklicherweise den Film. Ach, und irgendwann rennt auch Crowe über das weltbekannte Rooftop, den Secret Spot. Das rettet sowieso jeden Film.
7. Inferno (2016)
„Inferno“ läuft seit 13. Oktober 2016 im Kino. Tom Hanks jagt hier als Professor Robert Langdon einen Wissenschaftler, der die Welt mit einem tödlichen Virus bedroht. Auf der Suche nach dem Grab des „Dogen von Venedig“ reist Langdon nach Istanbul, wo sich alles in der Yerebatan-Zisterne entscheidet. Wem bereits die anderen Filme über den von Dan Brown entworfenen Professor Langdon „The Da Vinci Code“ und „Illuminati“ gefallen haben, der wird auch an „Inferno“ Vergnügen haben. Und für alle anderen lohnen sich zumindest die finalen Bilder aus der Zisterne.
Text: Laurenz Schreiner
Foto: James Bond 007: Skyfall