Rasmus Therkildsen hat 2019 gemeinsam mit Jens Dahl das Unternehmen “Das Dönermuseum” gegründet. Im Interview erzählt er mehr über die Entstehungsgeschichte und die Vision hinter dem Projekt.
Maviblau: Wie kamt ihr auf die Idee für das Dönermuseum?
Rasmus: 2013 haben wir ein kleines Unternehmen in Berlin gegründet. Wir haben Schulklassen, besonders aus Skandinavien, Lernerlebnisse in Berlin angeboten und durch Lernspiele in den Straßen Berlins versucht, unseren Besucher*innen die deutsche Geschichte etwas näher zu bringen. Viele Gruppen wollten mehr über das multikulturelle Berlin erfahren und wir haben mit dem Döner einen guten Anstoßpunkt gefunden. Alle Schüler*innen kennen Kebab aus ihren Heimatländern und die Entstehung und Entwicklung des Döners bot uns eine gute Möglichkeit, die moderne deutsche Geschichte den Schüler*innenn begreifbar zu machen. Langsam hat sich dann die Idee entwickelt, dass nicht nur Schulklassen, sondern fast allen von der Geschichte des Döners etwas lernen können. Zur damaligen Zeit gab es in der Nähe von Checkpoint-Charlie ein Currywurst-Museum und wir fanden es deshalb selbstverständlich, dass es auch eines für den Döner geben müsste. Das Dönermuseum haben wir dann 2019 gegründet.
Viele haben uns danach gefragt, wer eigentlich den Döner erfunden hat, und wann und wo dies passierte. Wir finden diese Frage unmöglich, gerecht zu beantworten und ich glaube persönlich, das es zum Mythos beiträgt, dass man es nicht bestimmt sagen kann. Viel besser mag ich eigentlich auch den Gedanken, dass der Döner viele Väter und Mütter hat, die mehr oder weniger gleichzeitig begonnen haben, Döner in Deutschland zu verkaufen. Wir träumen davon, eine permanente Ausstellung in Berlin aufzumachen mit einem mobilen Teil, der dann durch ganz Deutschland ziehen kann. Denn klar, der Döner hat sein Ausbreitungszentrum in Berlin, aber die Story gehört eigentlich ganz Deutschland.
Was möchtet ihr mit dem Dönermuseum erreichen?
Mit dem Dönermuseum wollen wir, dass die Leistungen der Menschen, besonders der Migranten*innen aus der Türkei, die seit den 1960’er Jahren zahllose Stunden gearbeitet haben und unsere Gesellschaft mit aufgebaut haben, anerkannt werden. Wir möchten dazu beitragen, dass die Geschichte der Migrant*innen in der deutschen Geschichtsschreibung einen größeren Platz findet. Unsere zukünftige Besucher*innen wollen wir zeigen, wie der Döner im Ausland als Wahrzeichen Deutschlands gesehen wird und somit das Deutschlandbild im Ausland neu darstellt. In ganz Europa wird derzeit ‘German’ oder ‘Berliner’ Döner Kebab-Läden aufgemacht. Diese Kraft des Döners als Botschafter eines modernes Deutschlands wollen wir fürs Museum ausnützen. Uns ist es gleichzeitig auch wichtig zu zeigen, dass der Döner natürlich nur ein Teil der vielen Beiträge der Migrant*innen zur deutschen Gesellschaft ist. Es wird in Köln ein Migrationsmuseum aufgebaut, das sich die gesamte Geschichte der Migration widmet, was wir sehr angebracht finden.
Wieso eignet sich ein Kultgericht wie der Döner möglicherweise besonders, um anhand dessen Geschichte(n) zu erzählen?
Seit langem ist der Döner das Street Food Deutschlands und mit viel Popularität kommen auch viele Meinungen. Das Kultgericht Döner wird deswegen von Menschen als Zweck verwendet, eine bestimmte Geschichte zu erzählen. Angela Merkel zum Beispiel hat sich oft mit einem Döner oder Dönermesser fotografieren lassen, um ihre Einstellung zur pluralistischen Gesellschaft zu zeigen. Andererseits hat die Presse von der 80’er bis weit in das neue Jahrtausend oft mehr oder weniger rassistische Texte geschrieben, mit dem Döner aös sterotypisches Symbol für die Lebenswelt türkischer Migrant*innen – am eindeutigsten illustriert durch das das Unwort “Dönermorde”, was in der Berichterstattung um den NSU genutzt wurde. Im Dönermusem wollen wir also den Döner als Ausgangspunkt verwenden, um uns so mit unseren Besucher*innen durch die deutsche Geschichte zu bewegen. In vielen Orten der Welt gibt es Museen und Ausstellungen, die eine Geschichte über dieses oder jenes Essen erzählen. Die Geschichte des Döners ist unserer Meinung nach viel mehr als Gastronomie, es ist ein Teil der deutschen Geschichten, der erzählt werden muss.
Bisher gibt es noch keinen lokalen Ort der Erinnerungskultur in Hinblick auf Döner: Was ist eure Vision des Dönermuseums und wie kann man euch bei der Gründung unterstützen?
Mit dem Dönermuseum sind wir immer noch in den Startlöchern: Um unsere Idee zu verbreiten, verkaufen wir online Döner-Merchandise. Besonders die “Dönerlove”-T-Shirts, die von der Berliner Designerin Herzette gestaltet wurden, haben sich sehr gut verkauft. Da wir in Berlin den Döner kennengelernt haben und davon träumen, das Museum mal hier aufzumachen, war es für uns wichtig, mit lokalen Designer*innen zu kooperieren. In der letzten Zeit sind wir auch mit Dönerfans aus ganz Deutschland und dem Rest der Welt in Kontakt gekommen, und zukünftig wird das hoffentlich auch in unserem Store zu sehen sein.
Für das Dönermuseum suchen wir momentan nach Unterstützung für die Entwicklung des Museums. Besonders gesucht sind Menschen mit Dönerbetrieb; wir wollen ihre Geschichten Dokumentieren und träumen davon, das Museum in einem ehemaligen Dönerlokal aufzumachen. Dazu suchen wir Menschen aus der kulturellen Bildung, die mit uns Lernmaterial für Schulklassen entwickeln wollen. Für den Shop suchen wir nach neue Partner*innen, die mit uns neue Produkte entwickeln möchten.
Mehr Informationen und den Merch des Dönermuseums findet ihr hier.
Interview: Marlene Resch
Bilder: Rasmus Therkildsen