Die Theaterperformance “Planet Lubunya” von İrem Aydın, die im Ballhaus Ost in Berlin uraufgeführt wurde, ist ein aufrüttelndes Erlebnis. Zwischen Humor und Nachdenklichkeit transportiert das Stück die Potentiale und Emotionen von Communitygeist und queerer Utopie.
Schon der Einlass zur Performance “Planet Lubunya” erinnert an das Betreten eines Flugzeugs. Das Boarding beginnt etwas verspätet, das Theater ist bis zum letzten Platz gefüllt und es liegt eine Aufregung in der Luft — wo mag die Reise bei dieser Premiere hingehen? Die Erwartungen sind groß, schließlich heißt es direkt in der ersten Videoansage der Queen, Planet Lubunya sei “the house of ultimate Utopia, the place where all the dreams become true.”
Ein Spiel mit Grenzerfahrungen
Dass hier irdisches Leben, Übernatürliches und Phantasie aufeinandertreffen, wird direkt in den ersten Minuten klar, als sich die Crew des Abends in funkelnden Kostümen vorstellt und der Kaffeesatz zum wiederkehrenden Leitstern der Reise wird. Die Reise nach Planet Lubunya ist dabei ein Spiel mit den Grenzen – ein Austesten und Aufbrechen des Konventionellen, das in seiner Hybridität eine Schönheit entfaltet. Grenzen verschwimmen hier auf vielen Ebenen: Nicht nur zwischen Planeten, sondern auch zwischen Geschlechtsidentitäten, Sprachen, Zeitebenen sowie Bühne und Publikum. Zuschauer*innen sind durch die Mehrsprachigkeit und Symboliken des Stücks (teilweise) mit einer Form des Nicht-Verstehens konfrontiert. Die Lubunca Sprache findet so ihren Raum, wo sie sein, wirken und sich entfalten darf, ohne dass sie einer Erklärung oder Rechtfertigung bedarf.
Symbiose für alle Sinne
Planet Lubunya feiert Queersein mit feinem Humor, ohne Klischees zu reproduzieren. Die Performance vermittelt einen Communityspirit, bei dem “chosen family” nicht umsonst das Zauberwort ist, mit dem die Reise beginnen kann. Und gleichzeitig spart es auch die migrantischen und queeren Kämpfe nicht aus, ohne jedoch in Wut und Ohnmacht zu verharren. Das Stück überzeugt neben seiner utopischen Vision auch durch die schillernden Kostüme und die multimedialen Elemente, die die Zuschauer*innen in einen abstrakten Raum irgendwo zwischen Erde und Planet Lubunya, zwischen analog und digital, mitnehmen. Videoaufnahmen, Musik und Text des Stückes fügen sich zu einem gelungenen Gesamtgefüge. Und all das funktioniert vor allem auch wegen der herausragenden schauspielerischen Leistungen von BolBola aka Michael(a) Daoud, Queen of Virginity, David JongSung Myung, Valli Sefa Okutan & Olympia Bukkakis und Kübra Uzun, die die Zuschauer*innen im Bann halten.
Starke Emotionen, starkes Statement
“Ich möchte mit meinen Stücke bei den Menschen echte Emotionen und Reaktionen hervorrufen”, sagt Regisseurin İrem Aydın. Das hat sie mit Planet Lubunya wahrlich geschafft: Neben Lachern und Tränen ist wohl der größte Beweis, dass das Stück das Publikum sogar zum Singen bringt. Bei Standing Ovations klingt ein vielstimmiges “I will survive” durch den Saal. Auf einem Planeten, auf dem queere und migrantisierte Menschen noch immer massiven Bedrohungen ausgesetzt sind, ist dieses Statement des Überlebens ein politisches.
Text: Marlene Resch
Foto: Mayra Wallraff